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Essen aus Luft – Das Lebensmittel von morgen?

Stand: 24. Oktober 2020

Es gibt viele Menschen, die gerne den Kollaps der Welternährung verhindern wollen. Es gibt Visionäre, die genau das mit Luft, Sonnenlicht und winzige Organismen tun möchten und dabei sehr großen Unterstützer an der Seite haben, wie u.a. den Microsoft-Gründer Bill Gates.

Der Finne Pasi Vainikka ist solch ein Visionär. Er arbeitet mit seinem Start-up ‚Solar Foods‘ an einer Farm der Zukunft. Solarzellen ersetzen das Grasland, Stahltanks ersetzen Schlachthöfe. Denn er glaubt daran, dass zur Herstellung von Fleisch zukünftig nur Solarstrom und Luft benötigt wird.

Möglich machen sollen das winzige Mikroben. Mikroben sind winzig kleine Lebewesen, die uns umgeben, zu klein, um sie mit dem bloßen Auge zu erkennen. Diese Einzeller erzeugen in den Stahltanks ein Pulver aus Proteinen, Kohlenhydraten, Fetten und Mineralien, aus dem sich Nahrungsmittel für den Supermarkt erzeugen lassen von denen sich Menschen ernähren können. Für ihr Wachstum und die Vermehrung brauchen sie nur CO2 und Wasserstoff. Das CO2 wird mit speziellen Maschinen aus der Luft geholt und den Wasserstoff kann er in Elektrolyseanlagen erzeugen, die mit Solarstrom funktionieren.

Die Viehzucht sorgt für 14,5 Prozent der weltweiten Treibhausgase

Es findet in den Laboren und Fabriken eine große Veränderung statt. Proteine werden zukünftig in der Fabrik gezüchtet, anstatt auf der Farm.

Vainikka ist überzeugt, dass somit die Menschen bald Tiere aus der Nahrungsmittelproduktion ausklinken können. Er glaubt daran, dass dadurch alle Probleme gelöst werden können, die mit der heutigen Landwirtschaft verbunden sind: brennende Regenwälder, Klimagase aus Kuhmägen, Missernten durch Dürren, mit Nitrat verseuchtes Wasser. Allein die Viehzucht sorgt für 14,5 Prozent der weltweiten Treibhausgase.

Ein weiterer Visionär ist der Mikrobiologe Mark Kozubal. Sein ursprünglicher Plan war Leben auf anderen Planeten zu finden. Für die Raumfahrtbehörde NASA zog der Wissenschaftler durch den Yosemite-Nationalpark, nahm Proben an den heißen geothermalen Quellen, um herauszufinden, wie Leben auch in extremer Umwelt bestehen kann. Dabei stieß auf Fusarium flavolapis.

Leben auf der Erde retten

Fusarium flavolapis ist ein Einzeller, ein winziger Pilz, der für Menschen nur unter dem Mikroskop zu erkennen ist. Dieser Winzling kann in kochendem Wasser überleben und enthält zudem auch Eiweiße, von denen sich Menschen ernähren können. Somit wandelte sich seine anfängliche Idee und brachte ihn sowie seine Kollegen dazu, statt Leben auf anderen Planeten zu finden, nun Leben auf der Erde retten. Die Lösung des Problems: Fusarium flavolapis.

In ihrem Start-up Nature`s Fynd verwandelt sie Fusarium flavolapis in eine große Proteinquelle. Der Pilz wächst in großen Stahltanks zu einem Nahrungsmittel heran. Nachdem die Pilz-Proteinmasse getrocknet ist, wird sie weiterverarbeitet. Das Protein kann in alternatives Fleisch verwandelt werden, z.B. zu Burger-Patties oder Hühnche , sowie lassen sich Joghurt und Käse herstellen. Für den passenden Geschmack sorgen die Proteine selbst und weitere Zutaten, die sich auch biotechnologisch erzeugen lassen. Anders als bei Solar Foods brauchen die Einzeller von Nature’s Fynd jedoch Stärke oder Zucker, um heranzuwachsen.

Die Gründer gehen bei ihrer Idee davon aus, dass sie, um die gleiche Menge Kalorien zu erzeugen wie heutige Rinderfarmen, 99 Prozent weniger Land sowie 87 Prozent weniger Wasser benötigen und 99 Prozent weniger Treibhausgase verursachen.

Namhafte Investoren, wie Bill Gates und Al Gore

Der Ex-US-Vizepräsident Al Gore und Microsoft-Gründer Bill Gates zählen zu den Investoren von Nature`s Fynd. 113 Millionen Dollar haben die Gründer aus Chicago zur Verfügung, um ihre Idee zu verwirklichen. Ende 2020 ist einen ersten Testlauf am Markt geplant. Für den Sommer oder Herbst 2021 sei ein größerer Produktstart geplant.

In der ersten Jahreshälfte Kosten von 435 Millionen Dollar

Noch sei die Technologie zu jung, heißt es in einem Bericht der Good Food Instituts (GFI). Es muss sich zeigen, dass eine Produktion in großem Stil möglich ist, wettbewerbsfähige Kosten erreicht werden und die Lebensmittel von Verbrauchern geschätzt werden. Laut dem GFI-Bericht liegen die Kosten, die in Mikroben-Nahrungsmittel geflossen sind, in der ersten Jahreshälfte bei 435 Millionen Dollar. Immens viel Geld.

Bisher arbeiten 68 Start-ups an Lebensmitteln aus dem Mikroben-Tank. Ein Durchbruch hätte erstaunliche Folgen für die weltweite Nahrungsmittelproduktion. Auf der Fläche von Disney World, was knapp dem Stadtgebiet Bonns entspricht, können so viele Proteine erzeugt werden, wie eine Sojafarm von der Größe Texas. Zudem sind Bakterien und Pilze in Tanks unabhängig vom Wetter oder Jahreszeiten. Sie können jederzeit in gewünschten Mengen Proteine produzieren.

Die Herstellung von Essen und was wir essen, wird sich in den nächsten Jahrzehnten radikal verändern.

MARC MAXWELL

 

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