Stand: 26.08.2020
Krafttraining bei Kindern und Jugendlichen ist ein oft diskutiertes Thema mit dem vielerlei Bedenken einhergehen. Bedenken sind, dass Krafttraining gefährlich sei und der Entwicklung des Kindes schade sowie Jugendliche können viele Übungen noch nicht ausführen.
Das wohl häufigste Vorurteil, welches im Zusammenhang mit Krafttraining bei Kindern und Jugendlichen immer wieder genannt wird ist, dass das Längenwachstum der Kinder und Jugendlichen gefährdet sei und dass der passive Bewegungsapparat, besonders im Bereich der Epiphysenfugen (Wachstumsfugen an den Knochenenden, die bis zum Abschluss des Wachstums geöffnet sind und somit ein Wachstum der Knochen ermöglichen) bedroht sei und sich diese vorzeitig schließen.
Es gibt jedoch keine international veröffentlichte Studie, die ein solches Phänomen beobachtet hätte. Die Situationen können eintreffen, zum Beispiel bei einem Knochenbruch oder extremen und jahrelangen Überbelastungen (wie zum Beispiel beim professionellen Kunstturnen). Beim kontrollierten Krafttraining besteht wissenschaftlich keine Gefahr.
Wenn ein Kind auf eine Mauer hochklettert und dann herunterspringt, beträgt die Belastung für die Gelenke grob das vier- bis fünffache des Körpergewichts. Diese Belastung im Fitnessstudio an der Beinpresse oder an anderen Geräten zu erreichen ist eher unrealistisch. Knochen gewinnen durch entsprechende Belastung an Stabilität. Somit kann ein kontrolliertes Krafttraining zu einem gesunden Knochenwachstum sogar beitragen.
Sollen Kinder und Jugendliche an Kraftmaschinen, mit Hanteln oder lieber „nur“ mit dem eigenen Körpergewicht trainieren? Es kommt darauf an.
Fehlbelastungen und Verletzungen treten auf, wenn die Geräte falsch auf die Kinder eingestellt sind. Wenn Kinder von der Körpergröße her nicht auf die Kraftgeräte passen, fällt diese Option weg. Wenn ein Jugendlicher aber die entsprechende Größe mitbringt, ist ein gerätegestütztes Krafttraining möglich. Ein Vorteil wäre hier sogar, dass die Bewegung mehr oder weniger vorgegeben ist und somit kaum abfälschende Bewegungen möglich sind. Ebenso hat das Training an Geräten in Hinblick auf die exakte Dosierung der Belastungsintensität und genaue Ansteuerung der gewünschten Kraftfähigkeit einen Vorteil. Als klarer Nachteil sind die geringen koordinativen Anforderungen des Muskelzusammenspiels und die oft fehlende Bereitstellung qualifizierter Betreuer.
Dieses Training deckt den koordinativen Aspekt sehr gut ab. Dabei wird die intra- und intermuskuläre Koordination stark ausgebildet. Die Gelenkamplituden werden voll ausgenutzt und somit wird das Training mit Freihanteln hoch funktionell. Qualifizierte Betreuer sind allerdings notwendig. Es muss genau auf die Intensität der Übungen geachtet werden, da sich Anfänger leicht verletzen können. Für Fortgeschrittene und für Leistungssportler ist dieses Training allerdings sehr gut geeignet.
Das Training mit Hanteln ist somit anspruchsvoller und daher deutlich aufwendiger zu erlernen. Wichtig! Du musst mit einer sauberen Technik trainieren. Hier wäre also zu Beginn ein ausgiebiges Techniktraining mit sehr leichten Gewichten zu empfehlen und dann zu bewerten, wer ab wann womit trainieren darf/sollte.
Das Training mit dem eigenen Körpergewicht ist eine großartige Sache. Dabei werden die koordinativen Trainingsaspekte sehr stark angesprochen und die Übungen sind hoch funktionell. Des Weiteren ist die Kostenstelle bei dieser Trainingsform sehr niedrig und es ist fast überall durchführbar. Der Nachteil liegt allerdings bei der schwer kontrollierbaren Belastungsdosierung, die die Trainingsgestaltung bei steigendem Niveau erschwert.
Krafttraining ist vor der Pubertät effektiv, da die hormonelle Situation in der Pubertät erstens günstig ist und Kraft zweitens durch eine verbesserte neuromuskuläre Zusammenarbeit aufgebaut wird. Und die kann in jüngeren Jahren vielleicht sogar noch effektiver trainiert werden.
Wie bei Erwachsenen sollte sich ein Kind und Jugendliche vor dem Krafttraining zirka 10 Minuten durch dynamische Übungen bei mittlerer bis hoher Intensität aufwärmen. Danach geht man ans spezifische Aufwärmen an den Geräten über, in dem die Übungen wie im Hauptteil, aber nur mit einem geringen Gewicht, ausgeführt werden. Das Haupttraining sollte nicht länger als 30 Minuten dauern.
Die meisten Studien, die mit Kindern durchgeführt wurden, dauerten 8-12 Wochen. In diesem Zeitraum hat man positive Ergebnisse erzielen können. Allerdings würden schon 4 Wochen regelmäßigen Trainings ausreichen, da physiologische Anpassungen bei Kindern primär auf der neuromuskulären Ebene stattfinden. Trainingseinheiten über diesen Zeitraum würden also ebenfalls zu Kraftsteigerungen führen. Allerdings wird der Kraftzuwachs um ein Drittel höher, wenn eine zweite Trainingseinheit pro Woche hinzukommt.
Wissenschaftliche Studien variieren sehr stark bei der Angabe der Wiederholungs- und Serienzahlen. Man kann allerdings sagen, dass ein Training mit hohen Wiederholungszahlen (15-20) und mit einem geringeren Gewicht bessere Ergebnisse und Anpassungen mit sich bringt, als eines mit wenig Wiederholungen (6-10) und mit einem hohen Gewicht. Wichtig: Jede große Muskelgruppe es Körpers sollte dabei beansprucht werden, um eine Dysbalance zu vermeiden.
Die Trainingsprogression sollte in erster Linie über die Steigerung der Wiederholungszahlen und erst in zweiter Linie über die Gewichtssteigerung reguliert werden.
Zahlreiche Studien konnten signifikant feststellen, dass altersgerechtes Krafttraining zu bedeutenden Kraftzuwächsen führt. Abhängig vom Studiendesign, Belastungsintensität, Trainingszustand der Probanden, Trainingshäufigkeit und -dauer und die Auswertungsmethode, kam es zu Kraftsteigerungen von 13-40 %.
Ein kontrolliertes und angeleitetes Krafttraining kann für Kinder und Jugendliche durchaus sinnvoll sein. Dabei sollten allerdings die Aspekte korrekte Übungsausführung und die Betreuung durch professionelles Personal besonders beachtet werden.
MARC MAXWELL